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Klimawandel: Wie sich Hotels daran anpassen können

„Natürlich. Hotel mit Charakter“ – mit diesem Slogan wirbt Martin Rietzler um Gäste für sein Hotel-Garni in Fiss, Tirol. Im Talkabout mit simplify hospitality spricht er über die Auswirkungen des Klimawandels auf den Tourismus, wie er sein Haus daran anpasst und in welcher Weise er dem Spannungsfeld zwischen Energiesparen und Gästekomfort begegnet.

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Das Klima schützen oder sich an den Klimawandel anpassen. Wo liegen hier die Unterschiede?

Martin Rietzler: Klimaschutz ist das, was wir jetzt im Vorfeld machen sollten, damit spätere Anpassungen nicht mehr nötig sind. Inwieweit dies gelingt, wird sich weisen. Als kleines Hotel können wir nur begrenzt Einfluss auf den Klimawandel nehmen – und werden uns trotzdem wohl früher oder später anpassen müssen.

Welche Auswirkungen erwarten Sie durch den Klimawandel auf die alpine Hotellerie?

Es wird durch die Wärme und der alpinen Höhenlage generell wohl mehr Regen und schlechtes Wetter geben. Der Bedarf an Indoor-Angeboten wird steigen. Inwiefern sich das auch auf die Winter in zehn, 15 Jahren auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Ich denke, dass wir auch in der kalten Jahreszeit mehr Regen statt Schnee haben werden. Aber wenn es bei uns in Fiss wirklich schneit, dann werden wir öfter auch zu viel davon haben.

Ihr Hotel ist bekannt für seine Nachhaltigkeitsstrategie. Wann reifte bei Ihnen der Gedanke, Ihr Hotel an den Klimawandel anzupassen?

Mich prägten die Debatten rund um die Elektroautos und den Dieselskandal. Durch die Medien geisterten zahlreiche Meinungen, Halbwahrheiten und Fake News, sodass ich begann, selbst zu recherchieren und mich mit der Materie zu beschäftigen. Da erkannte ich die drastischen Folgen der Umweltbelastung – nicht nur durch den CO2-Ausstoß, sondern auch durch den Plastikmüll und den Stromverbrauch.

Und so stand noch vor dem Bau des Hotels der Klimaschutz im Vordergrund. Wir haben ein Passivhotel geplant – das erste seiner Art in Österreich. Leider scheiterte das Projekt an der Finanzierung, denn wir haben bei null begonnen. Und wenn man Geld sparen muss, dann spart man sogleich beim Umweltschutz, wenn man den Gästekomfort nicht runterschrauben will.

Sie haben nach dem Hotelbau trotzdem energiesparende Maßnahmen ergriffen. Welche?

Unser Hotel wurde zwar nicht als Passivhaus errichtet, aber zumindest als Niedrigenergiehaus. Zudem nutzen wir die Abwärme unserer Kühlanlagen zum Heizen der Bar, des Frühstücksraums und des Stiegenhauses. 80 Prozent unserer Zimmer sind mit Fensterfronten zur Sonnenseite ausgerichtet, wodurch wir weniger heizen müssen.

Den Strom beziehen wir nachgewiesen aus 100 Prozent erneuerbaren Energieträgern, konkret aus Wasserkraft – was ein wenig mehr kostet – und aus unseren eigenen Photovoltaikanlagen. Mit den PV-Anlagen produzieren wir 15 Prozent unseres Strombedarfs. Das ist zwar nicht viel, aber ein Anfang. Die Strommenge, rund 4.000 Kilowattstunden, entspricht in etwa der, die wir zu den Schließzeiten im Frühling und Herbst einsparen und anschließend mit unseren Elektroautos verfahren.

Sie setzen also auch auf E-Mobilität?

Ja, wir besitzen zwei private E-Fahrzeuge, ein weiteres Elektroauto für die Gäste, sowie mehrere Ladestationen. Mit dem Miet-Tesla wollen wir zeigen, dass diese Art der Mobilität funktioniert, sofern man sich darauf einlässt.

Gibt es Gäste, die mit Unverständnis auf die Nachhaltigkeitsstrategie reagieren?

Nein, denn wir achten sehr darauf, dass der Gast die Einsparungen nicht spürt. Ich kann nicht einfach meinen Wellnessbereich zusperren, um Kosten und Strom zu sparen. Selbstverständlich benötigen Sauna, Dampfbad und Whirlpool viel Energie. Aber mit Umweltschutz und Stromsparen beschäftigen sich die Menschen bereits im Alltag sehr viel – und möchten dies nicht auch noch im Urlaub tun müssen. Unser Kompromiss: In der Nebensaison betreiben wir unsere Wellnessangebote nur auf Anfrage.

Welche weiteren Maßnahmen planen Sie, um mehr Umweltschutz zu erreichen?

Wir haben bereits beschlossen, unsere PV-Anlage derart zu erweitern, dass wir 30 Prozent des Jahresbedarfs an Energie selbst produzieren. Zudem prüfen wir derzeit, ob wir uns eine neue Wärmepumpe anschaffen, Erdwärme nutzen oder aus überschüssigem Strom Wasser erwärmen können. Denn die Heizung ist bei uns weniger das Problem. Diese kann ich optimieren und zurückdrehen, bis der Gast in seltenen Fällen mehr Wärme wünscht. Vielmehr ist der Verbrauch an Warmwasser sehr hoch. Aber ich kann und will meinen Gästen ja das Duschen nicht verbieten.

Videointerview: Theresa Pöschl
Redaktionelle Bearbeitung: Thomas Surrer